An diesem Tage brachen alle Brunnen der großen Tiefe auf
. 1.Mose 7,11
Denn es gereute Gott, daß er die Menschen gemacht hatte auf Erden und es bekümmerte ihn in seinem Herzen. Eine zutiefst erschütternde Aussage, eine theologische Grenzaussage. Wir wissen, wie es dazu kam.
Als Gott aus Liebe die Welt geschaffen hatte, als er der Finsternis der Tiefe sein Licht entgegensetzte, eine Feste gemacht hatte, die da scheiden sollte zwischen den Wassern über und den Wassern unter der Feste, nachdem der Herr all und jedem seinen Ort und seinen Platz und seine Aufgabe zugewiesen hatte, da sah er an alles, was er gemacht hatte – "und siehe, es war sehr gut". Wie sollte es auch anders sein: Alles was ER gemacht hat und macht, ist sehr gut.
Aber die Wasser über der Feste und unter der Feste blieben, gehalten, getrennt, gebändigt durch die Feste. Die Erde, ein fragiler Lebensraum zwischen den Urgewalten, bewahrt und beschützt allein durch die Feste, die Gott gemacht hat. Das alles hatte Er sehr gut gemacht.
Aber dann begann ja das ganze Desaster mit gerade dem Geschöpf, das er nach seinem Bild geschaffen hatte: Es wollte sein wie er, der Bruder erschlug den Bruder, die Bosheit nahm zu an allen Ecken und Enden. Da gereute es Gott, daß er den Menschen gemacht hatte, und es bekümmerte ihn in seinem Herzen.
Und das Unausdenkliche geschah: da brachen alle Brunnen der großen Tiefe auf. Nicht nur ein oder zwei, nicht nur dieser und jener, nicht nur ein paar – nein, alle Brunnen der großen Tiefe brachen auf. Das Chaos-Wasser, das Wasser der Urflut, das dunkle Wasser bricht hervor aus der großen Tiefe, auf der die Finsternis noch liegt. Der unterirdische Ozean strömt durch alle Brunnen der großen Tiefe ins Land der Lebenden. Und die Fenster, die Schleusen des Himmels taten sich auf, und der Himmelsozean ergoß sich auch auf die Erde.
Wer hatte alle Brunnen der Tiefe aufgetan, wer die Fenster des Himmels geöffnet? Waren die Brunnen und Fenster nur allzu willfährige, dunkle Diener Gottes, dessen Herz bekümmert ist über die Menschen? Waren sie die schnellen Boten des Gerichtes Gottes? Sah die finstere Tiefe hier ihre Chance, noch einmal zurückzukehren in Gottes sehr gute Schöpfung? Die Brunnen der großen Tiefe als Einfallstor der dunklen, zerstörerischen, gewälttätigen Mächte und Kräfte und Wesenheiten, die alleine davon leben, daß Gott Nein zu ihnen gesagt hatte (K. Barth)?
Die Brunnen der großen Tiefe sind unheimlich, rätselhaft, dunkel, wie tiefe Brunnen es eben sind. Die Märchen wissen, daß sie Zugänge sind zu einer anderen Welt, in der es verwunschene Froschkönige gibt und Frau Holle ihre Betten schüttelt. Brunnen sind Zugänge zu Geheimnissen. Aus ihnen weht uns ein kühler Hauch aus einer anderen Welt an. Wenn die Brunnen der Tiefe aufbrechen und sich Bahn brechen in der Welt der Lebenden, dann ist das lebenzerstörend - aber doch auch lebenspendend wenn die Brunnen der großen Tiefe sich in der Wüste finden lassen als Oase des Lebens.
Sie brechen auf, die Brunnen der großen Tiefe und des Gerichtes des bekümmerten Gottes. Aber auch hier ist es wie immer bei dem Herren: seine Liebe macht ihm einen Strich durch seinen finalen Zorn – er läßt den Kasten des Lebens auf den Todesfluten treiben und bewahrt darin mitten im Gericht Noah und seine Familie. Gottes Treue ringt seinen Kummer nieder: und die Brunnen der Tiefe wurden verstopft.
Wer macht das? Niemand anders als der Schöpfer selber. Er ist ein herrlicher Brunnenstopfer! Und was er verschließt, kann niemand öffnen.
Ja – Gott ist ein herrlicher Brunnenzustopfer. Und er verspricht Noah und allen seinen Nachkommen: nie wieder sollen die Brunnen der großen Tiefe aufbrechen dürfen und Tod und Verderben über die Erde bringen.
Die zugestopften mythischen Brunnen der großen Tiefe können wir nicht sehen. Damit wir nun auch etwas sehen können, was uns hilft mit den verstopften Brunnen der Tiefe getrost und getröstet zu leben hat der Herr den Regenbogen sichtbar für alle in die Wolken gesetzt. Und versprochen hat er Noah und allen seinen Nachkommen: Solange die Erde steht, soll nicht aufhören Saat und Ernte, Frost und Hitze, Sommer und Winter, Tag und Nacht. Das gilt, auch wenn das Dichten und Trachten des menschlichen Herzens böse ist und bleibt von Jugend an. Die Brunnen der großen Tiefe bleiben verstopft. Verlaß Dich drauf.
Machen Sie eigene Entdeckungen und sich selbst eine Freude, indem Sie bitte nachlesen: 1.Mose 7 bis 9