Herr, du hast doch nichts, womit du schöpfen könntest, und der Brunnen ist tief; woher hast du dann lebendiges Wasser? Joh 4,11

 

Manchmal ist die Tageszeit wichtig. Weil Jesus müde war von der Reise, setzte er sich am Brunnen nieder;es war um die sechste Stunde, nahe einer Stadt in Samaria. Seine Jünger waren in die Stadt gegangen, um Essen zu kaufen. So sitzt Jesus um etwa 12.00 Uhr allein in der Mittagshitze am Jakobsbrunnen und wartet auf die Jünger. Da kommt eine Frau aus der Stadt, mit einem Krug auf der Schulter. Wasser will sie schöpfen aus dem Jakobsbrunnen. Aber es ist nicht die Stunde des Wasserschöpfens. Des Abends ist die Zeit, da die Frauen pflegen herauszugehen und Wasser zu schöpfen, weiß der Knecht Elieser, der eine Frau sucht für den Sohn seines Herrn Abraham (1. Mose 24,11). Aber diese Frau kommt in der Mittagshitze zum Brunnen. Sie will nicht plaudern. Nicht die anderen Frauen treffen. Alleine will sie sein. Sich verkriechen. Nicht angesprochen werden. Jesus spricht zu ihr: "Gib mir zu trinken". Ungewöhnlich die Geschichte.

 

Eine Frau kommt zur Unzeit zum Brunnen. Ein Mann spricht dort eine Frau an. Ein Jude redet mit einer Samaritanerin, obwohl die Juden keine Gemeinschaft haben mit den Samaritern. "Gib mir zu trinken" – damit beginnt ein langes, schweres, seelsorgerliches Gespräch. Im Verlauf des Gespräches stellt sich dann der Grund heraus, warum die Frau den anderen Frauen am Brunnen ausweicht und in der Mittagshitze alleine zum Brunnen schleicht: "Fünf Männer hast du gehabt, und der, den du jetzt hast, ist nicht dein Mann". Eine Frau mit einer zumindest fragwürdigen Vergangenheit und Gegenwart. Ein Leben, auf das man mit dem Finger zeigen kann, die Nase drüber rümpfen und sich entrüsten kann. Wenn sie den ausgestrecken Fingern, den gerümpften Nasen, dem Kopfschütteln, den eindeutigen Blicken und dem Getuschel entkommen will, dann muß sie alleine zum Brunnen gehen – in der Mittagshitze. Und zu ihr sagt einer:"Gib mir zu trinken".

 

Aber damit nicht genug. Der jüdische Mann bietet IHR Wasser an, ja sogar Wasser des Lebens, das allen Durst in Ewigkeit stillt.Spricht die Frau: "Herr, gib mir solches Wasser, damit mich nicht dürstet" Und – gib mir solches Wasser, damit "ich nicht mehr herkommen muß, um zu schöpfen". Damit ich den anderen, den Augen, den Fingern der anderen nicht mehr begegnen muß. Ja, Herr, mach ein Ende mit dem Spießrutenlaufen. Aber du hast ja nichts zum Schöpfen und der Brunnen ist tief. Braucht er den Eimer zum Schöpfen?

 

Voll Verwunderung lernt die Frau am Brunnen: Er braucht keinen Eimer zum Schöpfen. Er ist selber ist lebendiges Wasser, das allen Durst stillen, auch den nach Leben, nach Liebe, Wertschätzung, Geborgenheit, Annahme. Er ist die Quelle des Leben, er ist der, der von sich sagen kann und darf: Ich bin‘s. Er ist mehr als der Vater Jakob, der sein Schafe in diesem Brunnen tränkte. Und wo er ist, da beten Menschen den Vater an "im Geist und in der Wahrheit" und finden den Grund ihres Lebens. So darf Wahrheit bei den Menschen auch aufgedeckt werden.

 

Die Frau, der das widerfahren ist, hält nichts mehr am Brunnen. Sie muß weitersagen, was sie erfahren hat. Sie geht, läuft, rennt zu den Menschen in der Stadt, denen sie nicht begegnen wollte, und ihnen sagt sie: Seht ob es der Messias ist.

Was zur Unzeit mit einer einsamen und isolierten Frau am Brunnen begonnnen hat, das endet in der großen Menge, die spricht: "Dieser ist wahrlich der Heiland der Welt".

Am Brunnen offenbart der Heiland seine erbarmende Herrlichkeit.

 

Machen Sie eigene Entdeckungen und sich selbst eine Freude, indem Sie bitte nachlesen: Johannes 4